Sprechblasen mit Fragezeichen

„Ich sag mal ...!“

Über Schmerzpunkte durch Sprachmarotten und Füllwörter.

Profitieren Sie von unseren lebendigen Texten gegen zähen Textbrei und Füllwörter! Sagen Sie es Ihren Kunden „einfach“ und verständlich.

Schild Stop
„Ja ... ich sag mal ... halt ... sozusagen!“

- Letztes Update: 10.10.2024, Dieter Wiemkes -
Viele benutzen für Denkpausen das altbekannte „... ääh ...“, andere nutzen dafür Füllwörter, auch in schriftlichen Texten. Einige verwenden gern überflüssige Wörter um einen gewissen Grad an Bildung oder Gruppenzugehörigkeit zu dokumentieren. Eher peinlich wird es dann, wenn beides in Kombinationen verwendet wird: „Ääh, ja, ich sag ´mal, das ist halt so ...“.
Anmerkung: In diesem Text sind absichtlich gesetzte Füllwörter enthalten. Wer sie findet, darf sie behalten. 😉

„... ich sag ´mal ...“

Vor etwa 30 Jahren äußerte Uwe Seeler – für mich erstmals wahrnehmbar – die Wörter „ich sag ´mal“. Irgendwie habe ich mich damals – „ich sag ´mal“ – fremdgeschämt.

Hmm ... wer außer meinem „ich“ sollte das ansonsten ´mal sagen, wenn es doch meinem eigenen Ich entstammt?
Oder möchte man zum Ausdruck bringen, dass da noch ein zweites paranoidales Ich herumspukt? 😉

„... ja ...“

Die Modalpartikel oder Interjektion „ja, ...“ wird ebenfalls gerne von Sprechdenkern verwendet. Besonders häufig sind sie in Interviews mit Rennfahrern und Fußballspielern zu hören.

Man hat den Eindruck, dass man mit dem „Ja“ seinen Mitmenschen mitteilen will, dass man einen Gedanken, der einem gerade durch den Kopf gegangen ist, verstanden hat und damit einverstanden ist. Mit dem „Ja“ als Zustimmung will man sich wohl eine anerkennenswerte Leistung und Belohnung geben und die Absolution erteilen, die Erkenntnis mitzuteilen. Man versucht auch, dem eigenen Gedanken Gewicht zu verleihen, indem man anderen mitteilt, dass man mit sich gerungen hat und sich nun sicher ist.

„Ja“, das Gehirn teilt sich selbst mit, wie zufrieden es mit sich ist.
Es scheint ein zweites Ich in einer vermutlich gespaltenen Persönlichkeit zu geben. 😉

„... halt ...“

Seit etwa 1980 hat ein neues Füllwort unsere Sprache erobert: Das Adverb „Halt“. Ursprünglich war es als resignative Feststellung gedacht. Es wurde aber vor allem bei Studenten als überflüssiger sprachlicher Lückenfüller beliebt. Sie glaubten, mit „halt“ etwas Besonderes ausdrücken zu können. Wenn man das Wort „halt“ oft benutzt, dann gehört man „halt“ zu einer Art Elite, die sich an der Sprache erkennt (?).

Oder ist es so, dass der Mund schneller ist als das Gehirn, wenn es sich selbst sagen muss: „HALT, du musst erst nachdenken!“?

Manche Menschen tragen die „Halt“-Unart unreflektiert ihr Leben lang mit sich herum und indoktrinieren leider sogar ihre Kinder damit. So ist das wohl mit dem „Halt“; das Mindesthaltbarkeitsdatum wird hinausgezögert. 😉

„... sozusagen ...“

Ende 2020 hat unsere ehemalige Bundeskanzlerin offenbar das Wort „sozusagen“ für sich entdeckt. Plötzlich benutzte sie es in einer Pressekonferenz auffallend oft (gefühlte 30 Mal).
Dies führte zu einem Hype bei gleichgesinnten Politikern, denn seither fällt auf, dass immer mehr Redner das Wort "sozusagen" inflationär verwenden — "sozusagen" an der falschen Stelle und zudem unnötig. Es dient nicht mehr zur Erläuterung des Gesagten, sondern nur noch als Füllwort.

Das soll wohl „sozusagen“ eine Art Unterwürfigkeit und Solidarität mit der Altkanzlerin zum Ausdruck bringen (?). 😉

„... welches ... mittels ...“

Nicht nur beim Sprechen ist eine Geschwindigkeitsbegrenzung zwischen Gehirn und Sprechmuskulatur wichtig. Um die Lesenden nicht der Schleudergefahr auszusetzen, ist auch beim Schreiben vorheriges Nachdenken angesagt. Oft liest man das Wort „welches“, welches eindeutig auf eine veraltete, verdrehte und leider oft unverständliche Ingenieursprache hinweist, die die Schreibenden zu pflegen scheinen. „Welches“ ist sowohl Interrogativpronomen, ein Relativpronomen als auch ein Indefinitpronomen. Im 19ten Jahrhundert wurde es gern als Relativpronomen genutzt, um bei aufeinanderfolgenden Relativsätzen den Bezug zu verdeutlichen.

Ähnlich verhält es sich mit dem Wort „mittels“. Vermutlich will man ein hohes Maß an altem Ingenieurwissen demonstrieren.
Oder man macht sich „mittels“ fehlender Kenntniss nicht die Mühe, einen treffenderen Begriff zu verwenden. 😉

„... gleichwohl ...“

Ein Wort, das in letzter Zeit ebenfalls häufig vorkommt, ist das Konjunktionaladverb „gleichwohl“. Es dient heute dazu, widersprüchliche Aussagen zu verbinden und den vorhergehenden Satz abzuschwächen. In der Rechtswissenschaft war „gleichwohl“ ein beliebter Ausdruck, der etwa vom 16ten bis zum 19ten Jahrhundert oft verwendet wurde. Die Konjunktion stand jedoch früher für eine gleichsetzende Bedeutung im Sinne von ebensosehr, ebensowohl, ebenso. Das Wort hat also im Laufe der Jahrhunderte einen Bedeutungswandel erfahren. Von seiner ursprünglichen Bedeutung her ist der Begriff also eigentlich irreführend, da er nicht klar definiert, was gemeint ist. (Quelle: Etymologie des Wortes gleichwohl bei DWDS)

„Gleichwohl“ kann von manchen Zeitgenossen als intelligente Ausdrucksweise interpretiert werden. Man will sich „gleichwohl“ hochdeutsch und intelligent klingen lassen. 😉

Überflüssige Adverbien und Konjunktionen, die Ihre Aussagen entwerten:

augenscheinlich, ausdrücklich, bei weitem, anscheinend, besonders, bestenfalls, bestimmt, demgegenüber, demgemäß, echt, eigentlich, einfach, einigermaßen, einmal, endlich, erheblich, etwa, etwas, fast, folgendermaßen, ausnahmslos, fortwährend, fraglos, freilich, ganz gewiss, ganz und gar, gar, gelegentlich, genau, gerade, geradezu, gesagt, gewiss, gewissermaßen, gewöhnlich, gleichsam, grundsätzlich, gänzlich, halt, hervorragend, hier und da, ich glaube, ich sage mal, im Prinzip, immer, in Wahrheit, in aller Deutlichkeit, in der Regel, in diesem Zusammenhang, in etwa, in gewisser Weise, infolgedessen, inzwischen, irgend, irgendwann, irgendwie, irgendwo, ja, jede, kaum, keinesfalls, keineswegs, letzten Endes, letztendlich, mal, man könnte sagen, manchmal, maßgeblich, mehrere, meist, meistenteils, mutmaßlich, möglicherweise, nachhaltig, natürlich, nicht wahr, nichtsdestotrotz, nichtsdestoweniger, nie, niemals, normalerweise, nun, nur, offenbar, offenkundig, oft, ohne Umschweife, ohne Zweifel, plötzlich, praktisch, regelrecht, relativ, ruhig, schon, sehr, selbstredend, seltsamerweise, sicher, sicherlich, sogar, sogleich, sonst, sozusagen, streng, unbedingt, ungefähr, unlängst, unsinnige, ursprünglich, überhaupt, übrigens, vergleichsweise, vielfach, vielleicht, völlig, vollkommen, wahrscheinlich, weitgehend, welches, wenige, wenigstens, wieder, wieder einmal, wirklich, wohl, ziemlich, zugegeben, zweifellos, zweifelsohne.

Werten Sie Ihre Sprache und Texte ohne Füllwörter oder Sprachmarotten auf!
Sonst ist alles schwer verständlich und wird als Wortbrei interpretiert.
Machen Sie sich nicht zum Sprach-Exhibitionisten!